Verfassungsschutz setzt die Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextrem“ aus

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat eine „Stillhaltezusage“ über die Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ abgegeben. Hintergrund ist ein Eilverfahren, in dem sich die Partei gegen die Entscheidung des Nachrichtendienstes wehrt. Die Einstufung der AfD wird somit vorläufig ausgesetzt. Dies gilt bis zu dem Zeitpunkt, an dem das Verwaltungsgericht Köln über den Eilantrag entschieden hat – wann das genau sein wird, ist offen.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf die Partei somit vorerst nicht mehr öffentlich als „gesichert rechtsextremistisch“ bezeichnen. Eine entsprechende Pressemitteilung wurde von der Homepage von seiner Homepage entfernt. Was jedoch nicht bedeutet, dass das Gutachten über die AfD, an dem mehrere Jahre gearbeitet worden war, hinfällig wäre. In ihrem Eilverfahren wird die Partei durch die Kanzlei Höcker vertreten.
++EIL++ #Verfassungsschutz nimmt Hochstufung zurück: Das @BfV_Bund hat soeben gegenüber dem Verwaltungsgericht in #Köln mittels der angeforderten Stillhaltezusage erklärt, dass es die @AfD vorerst nicht mehr als gesichert extremistische Bestrebung einstuft: pic.twitter.com/UWRVKWYJWv
— Christian Conrad (@RA_Conrad) May 8, 2025
Am vergangenen Freitag hatte die scheidende Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die Hochstufung der AfD bekannt gegeben. Die Partei galt zuvor als rechtsextremistischer „Verdachtsfall“. Das Gutachten, in dem der Verfassungsschutz seine Einschätzung belegen will, bleibt unter Verschluss – einzelnen Medien liegt es jedoch vor. Der Nachrichtendienst nannte als Grund für seine Entscheidung eine „die Menschenwürde missachtende, extremistische Prägung der Gesamtpartei“. Auch hieß es: „Das in der Partei vorherrschende ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis ist nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar.“ Bereits zuvor konnte die AfD nachrichtendienstlich überwacht werden, etwa durch den Einsatz von V-Leuten – allerdings ist dies nun einfacher möglich.
Die AfD hatte sich einst auch gegen die Einstufung als „Verdachtsfall“ gewehrt. Damals musste der Verfassungsschutz ebenfalls nach der Verkündung eine vorübergehende Stillhaltezusage abgeben. Letztendlich blieb es jedoch bei der Einstufung.
„Wir wehren uns mit allen juristischen Mitteln gegen die Hochstufung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz“, teilen nun die Parteivorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla mit. „Und das Bundesamt hat bis zu der eigentlichen gerichtlichen Entscheidung eine entsprechende Stillhaltezusage abgegeben, die Alternative für Deutschland nicht weiter als ‚gesichert rechtsextrem‘ zu bezeichnen. Das ist ein erster wichtiger Schritt hin zu unserer eigentlichen Entlastung und damit dem Vorwurf des Rechtsextremismus zu begegnen.“
Stillhaltezusage: AfD-Landesverbände reagierenAuch einzelne AfD-Landesverbände meldeten sich zu Wort. „Wir fordern eine umfassende Aufklärung darüber, wie es zu dieser politisch motivierten Kampagne gegen die größte Oppositionspartei im Land kommen konnte. Die Verantwortlichen – insbesondere im BfV und in der Politik – müssen zur Rechenschaft gezogen werden“, sagte der niedersächsische AfD-Landeschef Ansgar Schledde.
In Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt gilt die AfD bereits seit längerem als „gesichert rechtsextremistisch“. In Brandenburg hatte Landesinnenministerin Katrin Lange (SPD) am Mittwoch die Hochstufung der Partei bekannt gegeben. Die Einstufung erfolgte demnach bereits am 14. April, wobei Lange selbst erst am 5. Mai davon erfahren haben will. Am Dienstag hatte die SPD-Ministerin den Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz, Jörg Müller, entlassen, weil dieser die Hausleitung zu spät über die Entscheidung des Nachrichtendienstes informiert habe. Der Verfassungsschutz ist eine untergeordnete Behörde des jeweiligen Innenministeriums.
Die AfD in Brandenburg fordert den Nachrichtendienst zum Einlenken auf. „Die gestern von Innenministerin Lange verkündete Einstufung der AfD Brandenburg als ‚gesichert rechtsextremistisch‘ muss unverzüglich zurückgenommen werden“, sagt der AfD-Landesvorsitzende René Springer auf Anfrage der Berliner Zeitung. „Wir fordern außerdem ein Ende der politisch motivierten Beobachtungspraxis, eine vollständige Entpolitisierung der Sicherheitsbehörden und eine Rückkehr zu rechtsstaatlicher Neutralität.“
US-Regierung kritisiert Hochstufung der AfDNach der Hochstufung der gesamten AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ reagierten auch einzelne ausländische Regierungen auf das Vorgehen von Innenministerium und Verfassungsschutz. Der amerikanische Außenminister Marco Rubio sprach von einer „Tyrannei“ in Deutschland. „Deutschland hat seinem Geheimdienst gerade neue Befugnisse zur Überwachung der Opposition erteilt“, schrieb Rubio auf der Plattform X. „Deutschland sollte seinen Kurs umkehren.“ Einzelne Vertreter der US-Regierung stehen der AfD nahe.
Darauf reagierte wiederum das deutsche Außenministerium: „Das ist Demokratie“, schrieb das Auswärtige Amt auf X. „Diese Entscheidung ist das Ergebnis einer gründlichen und unabhängigen Untersuchung zum Schutz unserer Verfassung und der Rechtsstaatlichkeit.“ Das letzte Wort hätten „unabhängige Gerichte“.
Berliner-zeitung